Der tragische Absturz eines Flugzeugs der Fluggesellschaft Air India sorgt weltweit für Bestürzung. Viele Passagiere stellen sich nun die Frage, wie sicher das Fliegen wirklich ist und wie sie ihre Angst vor dem Fliegen in den Griff bekommen können. Obwohl das Flugzeug als eines der sichersten Verkehrsmittel gilt, erleben rund 25 Prozent der Menschen Unbehagen beim Fliegen, 10 Prozent leiden sogar unter einer behandlungsbedürftigen Phobie. In solchen Fällen kann eine gezielte Therapie notwendig sein. Unten finden sich zentrale Informationen zur Flugangst, ihrer Entstehung sowie den effektivsten Behandlungsstrategien – inklusive technologischer Hilfen.
Air India und der Absturz des Dreamliners
Am vergangenen Mittwoch stürzte ein Dreamliner von Air India kurz nach dem Start in ein Wohngebiet ab. Die Maschine hatte 242 Personen an Bord. Die Ursache des Absturzes ist bislang ungeklärt. Trotz der Seltenheit solcher Ereignisse haben sie große Auswirkungen auf das Sicherheitsempfinden vieler Reisender.
Ein Zwischenfall dieser Art ist eine Ausnahme, dennoch entfaltet er eine enorme psychologische Wirkung. Selbst statistische Sicherheit wirkt angesichts solcher Ereignisse für viele Menschen wenig beruhigend. Die Bilder eines abgestürzten Flugzeugs verstärken die Ängste vieler Passagiere, insbesondere bei Start, Landung oder während Turbulenzen.
Udo Wortelboer erklärt Ursachen der Flugangst
Laut dem Psychiater und Psychotherapeuten Udo Wortelboer ist Fliegen für viele Menschen eine Stresssituation. Nicht nur das eigentliche Fliegen, sondern auch der Ablauf am Flughafen – von der Gepäckabgabe über den Sicherheitscheck bis hin zu Durchsagen und Menschenmengen – kann das Angstniveau deutlich erhöhen.
Bei einigen entwickelt sich aus dieser Unsicherheit eine ausgeprägte Angststörung, bei der schon die Planung einer Flugreise Panik auslöst. Wortelboer spricht in solchen Fällen von einer klinisch relevanten Aviophobie. Besonders betroffen sind Menschen, die katastrophisierende Gedanken entwickeln, wie etwa die Angst, die Kontrolle zu verlieren oder zu sterben.
In diesen Fällen ist professionelle Hilfe notwendig. Es geht nicht nur darum, Ängste zu erkennen, sondern sie durch gezielte Maßnahmen systematisch abzubauen. Entscheidend ist dabei die Abgrenzung zwischen allgemeinem Unbehagen und einer krankhaften Angststörung.
Hilfsmittel gegen Flugangst im Überblick
Die Behandlungsmöglichkeiten richten sich nach der Intensität der Angst. Je nach Schweregrad empfehlen sich unterschiedliche Strategien:
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Leichte Flugangst
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Hörbücher und Apps zur Beruhigung
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Atemübungen und progressive Muskelentspannung
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Entspannungsmusik oder spannende Lektüre
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Mittelstarke Flugangst
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Teilnahme an Flugangst-Seminaren
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Vermittlung von Wissen über Flugsicherheit
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Training mit realem Flug zum Abschluss
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Schwere Flugphobie
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Psychiatrische oder psychotherapeutische Diagnostik
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Verhaltenstherapie mit Konfrontationselementen
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Eventuell Einsatz leichter Beruhigungsmittel wie Baldrian
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Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Konfrontationstherapie, bei der Betroffene gezielt der angstauslösenden Situation ausgesetzt werden. Dabei geht es von gedanklichen Auslösern über Bilder bis hin zum tatsächlichen Flug.
Neue Wege durch Virtual-Reality-Therapien
Moderne Technologien wie Virtual Reality gewinnen zunehmend an Bedeutung bei der Behandlung von Flugangst. Fluggesellschaften wie Air France setzen bereits VR-Systeme zur Simulation von Flugsituationen ein.
Mit speziellen Brillen erleben die Betroffenen realitätsnahe Szenarien – vom Check-in bis zur Landung. Zusätzlich ermöglichen vibrotaktile Geräte wie Westen und Handschuhe die Simulation physischer Empfindungen wie Turbulenzen oder Vibrationen. Diese Technik erlaubt eine individuell anpassbare und wiederholbare Konfrontation mit angstbesetzten Situationen.
Studien zeigen, dass VR-basierte Therapien ähnlich wirksam sein können wie reale Flüge. Ihre Anwendung ist bisher noch begrenzt, doch Experten wie Wortelboer rechnen in den nächsten Jahren mit einer breiteren Verfügbarkeit. Vorteilhaft ist insbesondere die zeitsparende Umsetzung und die flexible Gestaltung der Übungen.
Praktische Tipps von Experten
Für Reisende mit leichter bis mittlerer Flugangst empfiehlt Dieter Schiebel, ehemaliger Ingenieur bei Airbus und Flugangst-Coach, folgende Maßnahmen:
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Bequeme Kleidung tragen und Jacken im Gepäckfach verstauen
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Leichte Mahlzeiten vor dem Flug einnehmen
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Frühzeitige Anreise zum Flughafen zur Stressvermeidung
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Ablenkung durch Bücher oder Musik nutzen
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Entspannungstechniken wie Bauchatmung anwenden
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Milde Beruhigungsmittel wie Baldrian in Erwägung ziehen
Diese einfachen Schritte können das Sicherheitsgefühl steigern und helfen, den Flug angenehmer zu gestalten. Angst ist unangenehm, aber sie ist behandelbar – mit Wissen, Vorbereitung und gezielter Übung.
Quelle: FOCUS