Europäische Autohersteller erhalten mehr Zeit für die Einhaltung der CO2-Grenzwerte. Die EU gibt der Branche drei Jahre Spielraum zur Erreichung der Klimaziele. Betroffen sind unter anderem VW, BMW und Mercedes. Auch der Verband der Automobilindustrie begrüßt die Entscheidung.
Inhaltsverzeichnis:
- EU-Kommission, Parlament und Staaten einigen sich auf Aufschub
- Verband der Automobilindustrie unterstützt Hildegard Müller
- Handelskonflikte und Nachfrageschwäche belasten Märkte
- Emissionsziele im Verkehrsbereich bleiben Herausforderung
EU-Kommission, Parlament und Staaten einigen sich auf Aufschub
Das Europaparlament hat einem Vorschlag der EU-Kommission zugestimmt, wonach die Autohersteller CO2-Flottengrenzwerte nicht mehr jährlich, sondern über einen Zeitraum von drei Jahren einhalten müssen. Zuvor hatten sich bereits die EU-Mitgliedstaaten für eine Lockerung ausgesprochen. Eine formelle Zustimmung der Staaten steht noch aus, gilt jedoch als sicher. Die Regelung betrifft alle in der EU zugelassenen Fahrzeuge und soll die Unternehmen entlasten, die derzeit mit schleppender E-Auto-Nachfrage und wachsendem internationalem Konkurrenzdruck kämpfen.
Hersteller wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz müssen 2025 keine Strafzahlungen leisten, wenn sie 2023 oder 2024 die Zielwerte übererfüllen. Die Maßnahme zielt darauf ab, kurzfristige Schwankungen beim Absatz emissionsarmer Fahrzeuge abzufedern und die Transformationsfähigkeit der Branche zu stärken.
Verband der Automobilindustrie unterstützt Hildegard Müller
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht in der Entscheidung einen pragmatischen Schritt. Verbandspräsidentin Hildegard Müller betonte, dass die politischen Rahmenbedingungen häufig unzureichend seien und Flexibilität bei der Umsetzung von Klimazielen notwendig bleibe. Sie verwies auf strukturelle Herausforderungen wie hohe Strompreise, fehlende Ladeinfrastruktur, Engpässe bei Halbleitern und unzureichende Batterieproduktion.
Laut Müller besteht zusätzlicher Gesprächsbedarf mit der Politik. Insbesondere die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hersteller wie Porsche, Audi und Mercedes-Benz dürfe nicht weiter gefährdet werden. Die Konkurrenz aus China und den USA habe bei der Umstellung auf Elektromobilität deutliche Fortschritte erzielt.
Handelskonflikte und Nachfrageschwäche belasten Märkte
Ein weiterer Belastungsfaktor ist der Handelskonflikt mit den USA. Seit April gelten dort Importzölle von 25 Prozent auf Autos und Teile. Diese Maßnahme betrifft einen der wichtigsten Exportmärkte der deutschen Autoindustrie. Laut Statistischem Bundesamt gingen 13,1 Prozent der deutschen Pkw-Ausfuhren in die USA. Besonders stark betroffen sind Marken wie Porsche und BMW, von denen 2024 fast ein Drittel bzw. jeder sechste Wagen in Nordamerika verkauft wurde.
Auch der Binnenmarkt schwächelt. Im Jahr 2024 wurden laut Kraftfahrt-Bundesamt rund 2,8 Millionen Neuwagen in Deutschland zugelassen – etwa 1 Prozent weniger als im Vorjahr und rund 25 Prozent weniger als 2019.
Emissionsziele im Verkehrsbereich bleiben Herausforderung
Im Verkehrssektor bleiben CO2-Einsparungen gering. Laut der Denkfabrik Agora Energiewende sanken die Emissionen 2024 lediglich um zwei Millionen Tonnen. Der Rückgang ist hauptsächlich auf die konjunkturell bedingte Abnahme des Lkw-Verkehrs zurückzuführen.
Felix Creutzig vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung erklärte, dass der CO2-Flottengrenzwert weiterhin das zentrale Instrument im Klimaschutz des Verkehrs bleibe. Eine Flexibilisierung könne jedoch dazu führen, dass kurzfristig mehr CO2 ausgestoßen werde. Hersteller reagierten bereits mit Preissenkungen bei Elektrofahrzeugen, um Ziele zu erreichen.
Trotz der Erleichterung bleibt der Druck auf die Branche hoch. Sie muss in einem volatilen Marktumfeld technologische Umstellungen und politische Anforderungen gleichzeitig bewältigen.
Quelle: Handelsblatt