Die bayerische Stadt Ingolstadt steht vor einer der größten finanziellen Herausforderungen ihrer Geschichte. Die Einnahmen sinken drastisch, die Ausgaben steigen. Die Stadtverwaltung muss in den kommenden Jahren jährlich 88 Millionen Euro einsparen. Oberbürgermeister Michael Kern (CSU) stellte eine umfassende Liste von Kürzungen vor. Über die Vorschläge soll der Stadtrat in der kommenden Woche entscheiden.
Inhaltsverzeichnis:
- Michael Kern kündigt harte Einschnitte an
- Investitionen in Schulen und Sicherheit
- Stadttheater und Festsäle auf unbestimmte Zeit verschoben
- Einschnitte bei Kultur, Freizeit und Verwaltung
- Gewerbesteuerrückgang durch Autokrise
Michael Kern kündigt harte Einschnitte an
„Es wird ein langer und steiniger Weg“, erklärte Oberbürgermeister Michael Kern bei der Vorstellung der Sparpläne. Die Lage ist ernst. Fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens stehen auf dem Prüfstand. Kern betonte, dass keine Abteilung verschont bleiben könne. Besonders betroffen sind Kultur, Freizeit, soziale Angebote und Verwaltung.
Die Stadtverwaltung listet über 50 konkrete Maßnahmen auf, mit denen das jährliche Einsparziel erreicht werden soll. Dazu zählen:
- Reduzierung öffentlicher Veranstaltungen,
- Verschiebung geplanter Bauprojekte,
- Kürzungen bei Personal- und Sachkosten,
- Einschränkungen im kulturellen Angebot.
Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass Ingolstadt in den kommenden Jahren neue Schulden aufnehmen muss. Das Ziel ist ein ausgeglichener Haushalt bis 2028.
Investitionen in Schulen und Sicherheit
Trotz der angespannten finanziellen Lage will Ingolstadt bestimmte Projekte fortführen. Sie gelten als „unabweisbare Maßnahmen“. Dazu gehören mehrere Schulbauprojekte und sicherheitsrelevante Investitionen.
Die Sanierung großer Gymnasien bleibt eine Priorität. Ebenso der Neubau des Schulzentrums Nord-Ost mit Mittel- und Realschule. Die Stadt sieht darin eine langfristige Investition in Bildung und Zukunft. Auch Brücken müssen instand gesetzt werden, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.
Ein weiterer Schwerpunkt betrifft die Feuerwehr. Die Infrastruktur soll modernisiert werden, um Einsatzzeiten einhalten zu können. Die Verwaltung bezeichnet diese Ausgaben als sicherheitsnotwendig.
Stadttheater und Festsäle auf unbestimmte Zeit verschoben
Besonders deutlich wird der Sparkurs im Kulturbereich. Die Sanierung des Stadttheaters und des Festsaals wird auf unbestimmte Zeit verschoben. Ende 2027 wird das Theater voraussichtlich nicht mehr nutzbar sein. Für diesen Fall ist bereits eine Übergangsspielstätte vorgesehen.
Das denkmalgeschützte Gebäude soll jedoch nicht verfallen. Die Stadt plant, es instand zu halten, um einen „Lost Place“ im Zentrum zu vermeiden. Über eine umfassende Sanierung wird seit Jahrzehnten diskutiert. Ein konkreter Zeitplan existiert weiterhin nicht.
Einschnitte bei Kultur, Freizeit und Verwaltung
Die Sparmaßnahmen treffen auch das gesellschaftliche Leben. Das beliebte Bürgerfest soll künftig nur noch alle zwei Jahre stattfinden. Der Wildpark steht vor der Schließung. Angebote für Kinder und Senioren werden gekürzt. Museen müssen Sonderausstellungen streichen und Öffnungszeiten reduzieren.
Auch bei Sport und Ehrenamt wird gespart. Sportlerehrungen und der Empfang für Einsatzkräfte entfallen vollständig.
Innerhalb der Stadtverwaltung werden ebenfalls Kosten reduziert:
- Kürzung des Fahrtkostenzuschusses für Mitarbeitende,
- geringere Mittel für leistungsorientierte Bezahlung,
- Teamseminare nur noch alle zwei Jahre.
Zweite Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll (CSU) warnte, dass dies noch nicht das Ende der Einsparungen sei. Die Situation könne sich weiter verschärfen.
Gewerbesteuerrückgang durch Autokrise
Hauptgrund der Finanzmisere ist der drastische Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen. Ingolstadt war jahrzehntelang stark abhängig von der Automobilindustrie. Der VW-Konzern und insbesondere der Hersteller Audi zählten zu den größten Steuerzahlern der Stadt.
In den Boomjahren, etwa 2012, betrugen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer 242 Millionen Euro. Jetzt rechnet die Stadt für 2026 nur noch mit rund 70 Millionen Euro. Ein Sprecher erklärte, dass rund 150 Millionen Euro notwendig wären, um die städtischen Aufgaben ohne Kürzungen zu erfüllen.
Die Krise der deutschen Automobilbranche wirkt sich damit direkt auf die Kommunalfinanzen aus. Sinkende Verkaufszahlen, steigende Energiekosten und der Strukturwandel zur Elektromobilität setzen die Industrie unter Druck.
Ingolstadt steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Die Stadt muss sparen, um finanziell stabil zu bleiben. Gleichzeitig will sie zentrale Aufgaben in Bildung und Sicherheit sichern. Wie tief die Einschnitte am Ende gehen, hängt nun von der Entscheidung des Stadtrats ab.
Quelle: BR24